Überzeugt auf dem Weg zum kooperativen Klimaschutz
Interview mit Dr. Daniel Tutu Benefoh
Head of the Ghana Carbon Market Office (CMO)
Dr. Daniel Tutu Benefoh, Head of the Ghana Carbon Market Office (CMO), arbeitet seit über 20 Jahren für Ghanas Environmental Protection Agency (EPA). Das CMO wurde im Rahmen der Entwicklung der ghanaischen Klimaschutzpolitik gegründet. Integriert in das Ministerium für Umwelt, Wissenschaft, Technologie und Innovation (MESTI), ist das CMO der EPA unterstellt und nimmt die ihr im nationalen Klimaschutzregelwerk zugewiesenen Funktionen wahr.
Stiftung KliK: Herr Benefoh, Ghana hat frühzeitig den kooperativen Ansatz von Artikel 6 des Pariser Übereinkommens übernommen. Was hat das Land dazu bewogen, diese Chance zu nutzen?
Die ursprüngliche Motivation für diese Arbeit war der schwachen Performance Ghanas in der Phase des Kyoto-Protokolls geschuldet. Nur vier Projekte waren in Ghana registriert worden, für keines wurden Zertifikate ausgestellt. Allerdings hatten wir im Rahmen des "Programme of Activities" (PoA) einige Projekte laufen. Das motivierte unsere politischen Entscheidungsträger, den Kohlenstoffmarkt 2.0 zum Erfolg zu führen. Zudem wollten wir durch eine politische Verpflichtung sicherstellen, dass das nationale Klima- ziel (NDC) erreicht wird. Ein Weg, dies zu erreichen, war die Mobilisierung von Finanzierungen über den Kohlenstoffmarkt. Diese Finanzierung sollte die zur Erreichung des NDC notwendigen Investitionen ergänzen.
Ausserdem wollten wir den gesamten Prozess selbst in die Hand nehmen. Wir versprachen, alle Hindernisse zu beseitigen, die den Privatsektor davon abgehalten hatten, am Kohlenstoffmarkt 1.0 teilzunehmen: Diese betrafen die Vorabkosten für Transaktionen, den Zugang zu Investitionen, die Bürokratie und die Vereinheitlichung der Gebühren.
Welche Herausforderungen waren auf dem Weg zum ersten bilateralen Abkommen mit Ghana zu bewältigen?
Das politische Engagement begann mit einem Memorandum of Understanding zwischen Ghana und der Schweiz. Da dies für Ghana Neuland war, mussten wir verschiedene Akteure mobilisieren, Menschen, die sich direkt und engagiert einbrachten. Zuerst musste ich meinen direkten Vorgesetzten davon überzeugen, dass das funktionieren kann. Dann musste er seinen Vorgesetzten überzeugen und der wiederum den Minister. Das war viel interne Überzeugungsarbeit, dass wir das schaffen können und dass es funktionieren wird. Wir haben uns dann auf eine Strategie geeinigt, um die Kollegen in den verschiedenen Ministerien zu überzeugen: eine interne Neuausrichtung, die zum Erfolg führen sollte.
Im Vordergrund stand dabei die Bildung eines Teams, das mit der Schweiz verhandelt. Wir mobilisierten alle Kräfte – mitten in der Pandemie. Das brachte Vor- und Nachteile mit sich. Der Vorteil war, dass alle zu Hause waren. So konnten wir effizient arbeiten und wertvolle Zeit gewinnen. Der Nachteil war, dass nicht alle bereit waren, an den Verhandlungen teilzunehmen, weil sie zum Beispiel familiäre Verpflichtungen hatten. Als wir im November 2020 die Texte fertiggestellt hatten, konnten wir auf einen wertvollen und phänomenalen Prozess zurückblicken, der zu einem für beide Seiten annehmbaren Text geführt hatte.
Was musste bei der Umsetzung des Abkommens in Ghana beachtet werden?
Der erste Schritt war die Idee, ein nationales Regelwerk für den Klimaschutz vorzuschlagen, das nicht nur uns einen Rahmen bietet, sondern auch Entwicklern und anderen potenziellen Ländern neben der Schweiz, die sich engagieren wollen. Das Regelwerk habe ich von Grund auf selbst entworfen. Dann habe ich es mit vielen anderen Leuten geteilt. Das dauerte etwa drei Monate. Mischa Classen, der damals bei der Stiftung KliK tätig war, hat sich einige Zeit damit beschäftigt. Anschliessend haben es sich Kollegen von der Weltbank, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und einer meiner Kollegen von der UNFCCC angesehen. Nach den Konsultationen hatten wir etwa 100 Kommentare zu bearbeiten. Da wir wollten, dass das finalisierte Dokument als Regierungsstrategie angenommen wird, haben wir es dem Kabinett zur Genehmigung vorgelegt.
Nach der Verabschiedung des Regelwerks haben das BAFU und unser Umweltministerium einen politischen Fahrplan erarbeitet, um die Umsetzung des Abkommens zu steuern und die Anpassungen in das Regelwerk zu integrieren und mit den Anforderungen des Abkommens in Einklang zu bringen.
«Wir wollten durch eine politische Verpflichtung sicherstellen, dass das nationale Klimaziel erreicht wird.»
Welches sind die wichtigsten Aspekte des Regelwerks, um sicherzustellen, dass Ghana sein NDC erreicht, ohne das Risiko eines Überverkaufs an Zertifikaten einzugehen?
Das haben wir anhand der NDC-Baseline sorgfältig analysiert. Der erste wichtige Schritt war, dass der Anteil der nationalen Gesamtemissionen, der durch das NDC abgedeckt wird, etwa 88 Prozent beträgt. 12 Prozent der Emissionen waren somit nicht im NDC enthalten. Die im NDC enthaltenen Emissionen haben wir in einen unbedingten Teil von etwa 35 Millionen Tonnen und einen bedingten Teil von etwa 39 Millionen Tonnen unterteilt. Aus unserer Sicht bilden die Massnahmen zur Reduktion der Emissionen des unbedingten Teils eine Rote Liste. Diese sind nicht zusätzlich in dem Sinn, dass sie ohnehin durchgeführt werden, weil die Regierung die Mittel für die nötigen Investitionen mobilisieren wird. Die Investitionen in Massnahmen im bedingten Teil können mit dem Kohlenstoffmarkt erreicht werden. Indem wir keine Massnahmen zur Emissionsreduzierung von der Roten Liste autorisieren, vermeiden wir einen Überverkauf von Zertifikaten.
Wie wird der Bereich der bedingten Massnahmen definiert?
Wir haben eine Obergrenze für die marginalen Minderungskosten festgelegt. Wenn man die verschiedenen Massnahmen nach ihren Kosten zur Verringerung einer Tonne Emissionen ordnet und eine Kurve zeichnet, sind die teuren Massnahmen die «hoch hängenden Früchte». Wir beabsichtigen, unser Geld für die weniger teuren Massnahmen auszugeben. Deshalb haben wir anhand der Kosten festgelegt, welche Massnahmen dem unbedingten und welche dem bedingten Teil des NDC zugeordnet werden. Dementsprechend gibt es eine Weisse Liste mit förderfähigen Aktivitäten für den prozentualen Anteil des bedingten NDC.
«Indem wir keine Massnahmen zur Emissionsreduzierung von der Roten Liste autorisieren, vermeiden wir einen Überverkauf von Zertifikaten.»
Welche Empfehlungen würden Sie anderen Ländern geben, die an der Umsetzung des A6-Mechanismus arbeiten?
Wir müssen anerkennen, dass Artikel 6 nur eines der Mittel ist, um das NDC zu erreichen und die Ziele des NDC zu steigern. Das ist mir sehr wichtig. Es gibt eine funktionale Verbindung zwischen Artikel 6 und dem NDC. Die Länder müssen sich dessen bewusst sein, dass dies der Weg ist, um einen Über- verkauf zu vermeiden. Zweitens sollten sie bei ihrem Umgang mit Artikel 6 berücksichtigen, dass für die Definition der Auswahlkriterien mehrere Grundsätze erforderlich sind. Dazu gehört, wie die Ziele für das NDC gesteigert werden können, wie eine hohe Integrität der Zertifikate gewährleistet werden kann, wie eine nachhaltige Entwicklung gefördert werden kann und – sehr wichtig – wie ein nationales System aufgebaut werden kann. Drittens müssen wir den Privatsektor mit ins Boot holen. Andernfalls verbringen wir viel Zeit damit, alles vorzubereiten, ohne dass es dazu führt, dass vor Ort investiert wird. Viertens müssen die Länder über ein engagiertes, funktionsfähiges Team verfügen, denn die Teilnahme an Artikel 6 bedeutet für die Länder einen grösseren administrativen und technischen Aufwand, und jemand muss die Arbeit machen.
Das ghanaische Regelwerk sieht die Erhebung einer ITMO-Gebühr vor. Können Sie uns sagen, wofür sie verwendet wird?
Neben dem Regelwerk gibt es ein Gesetz, einen parlamentarischen Entwurf. Teil 5 darin ist ein Gesetzentwurf zum Klimawandel, der die Einrichtung eines Fonds für Klimaschutzmassnahmen vorsieht.
Es wird vorgeschlagen, etwa 40 Prozent des Betrags zu investieren, um zusätzliche Zertifikate in klimaschutzrelevanten Bereichen zu generieren. 50 Prozent gehen dann an das Finanzministerium, um die Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren. Zehn Prozent fliessen in einen Fonds zur Finanzierung der Projektentwicklungskosten. Wenn man also ein kleines Unternehmen betreibt und sich für diesen Markt interessiert, sich aber die Vorlaufkosten nicht leisten kann, erleichtert dieser Fonds den Einstieg. Zusätzlich werden 20 US-Cents pro ITMO für Verwaltungskosten aufgewendet. Sobald das Gesetz verabschiedet und der Fonds gesetzlich eingerichtet ist, wird dieser als Struktur für die Verwendung der Gelder dienen.